Vor 33 Jahren: Weltweit erste Cochlear Implant Centrum eröffnet in Hannover
Damals war das CIC noch in einem Einfamilienhaus an der Neuen Landstraße nahe der MHH untergebracht. Drei Jahre vorher wurde die Deutsche Cochlear Implant Gesellschaft (DCIG) als Selbsthilfeverband gegründet, deren Ziel war, Voraussetzungen für die Versorgung und
(Re-)Habilitation von taubgeborenen oder ertaubten Kindern zu schaffen. Bereits ein Jahr später (1988) erhielt mit Tobias das erste Kind im Alter von vier Jahren ein CI. Er war durch eine Meningitis (Hirnhautentzündung) ertaubt.
Bei Eröffnung des CIC waren bereits 50 Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren mit einem Cochleaimplantat in den HNO-Kliniken wie in der MHH versorgt worden. Die ersten Familien im CIC waren sehr mutig, denn die Erfahrung der Fachleute aus Medizin, Technik und Pädagogik/Therapie beschränkte sich auf wenige implantierte spätertaubte Erwachsene, die jedoch andere Voraussetzungen mitbrachten als taub geborene oder vor dem Spracherwerb ertaubte Kinder. Hinzu kam ein starker „Gegenwind“ aus allen Richtungen – ob es Kollegen der genannten Fachgebiete waren oder Angehörige der Gehörlosengemeinschaft, die um ihre (Gebärden-) Sprache, ihre Kultur und ihre Akzeptanz fürchteten.
Die Skepsis legte sich und seit 1990 wurden über 2.600 Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Alter zwischen 6 Monate und 91 Jahren im Cochlear Implant Centrum Wilhelm Hirte betreut. Pro Jahr kommen rund 70 neue Patienten dazu, die aus ganz Deutschland (vor allem Niedersachsen und NRW), aber auch aus Österreich, Bulgarien und den Niederlanden kommen. Derzeit werden auch zunehmend Kinder aus der Ukraine, die hierher geflüchtet sind, aufgenommen.
Bei der Therapie ist es nicht mit einer Stunde getan, denn die Kinder bekommen durch das CI ganz neue, zunächst unbekannte Impulse. Sie müssen lernen, Töne zu verstehen und umzusetzen. Auch die Sprachentwicklung ist davon betroffen, denn in aller Regel kann sich ein taubgeborenes Kind nicht verständlich artikulieren – es muss also hören und sprechen (neu) erlernen.
Früh übernahm die Stiftung Hannoversche Kinderheilanstalt die Verantwortung für das CIC und sicherte von Anfang an dessen Unterhalt. Bis Ende 1991 finanzierte die DCIG, unterstützt von einem CI-Hersteller, die Gehälter der ersten drei Mitarbeitenden. Mit der Wilhelm Hirte Stiftung konnte ein weiterer Förderer gewonnen werden, der bis heute das CIC großzügig unterstützt. Die DCIG erwarb mit Unterstützung der Wilhelm Hirte Stiftung das Grundstück in der Gehägestraße im Stadtteil Groß-Buchholz. Am 11. Juni 1994 wurden die neuen Räumlichkeiten eingeweiht, die unter anderem ein
ehemaliges Unteroffizierscasino der britischen Armee waren. 1995 bis 1996 entstanden drei Eltern-Kind-Häuser. 1998 konnte auch der große Spielplatz eingeweiht werden. Seit 2013 werden auch erwachsene CI-Träger im CIC Wilhelm Hirte versorgt.
Die 16 Mitarbeitenden erleben mittlerweile Familien, die in zweiter Generation nach Groß-Buchholz kommen, denn ehemalige Rehabilitationskinder kommen jetzt mit ihren ebenfalls taub geborenen Kindern. Auch kommen Familien mit mehreren gehörlos geborenen und jetzt CI-versorgten Kindern sowie Kinder aus gehörlosem Elternhaus als Mittler zwischen den Kulturen der Gebärdensprache und der Lautsprache. Zudem werden auch gehörlose Kinder betreut, die Musik machen (Geigenprojekt). Bei einigen Patienten müssen bei den Therapien und Reha-Maßnahmen zusätzliche Entwicklungsbeeinträchtigungen oder gar seltenen Krankheitssyndrome beachtet werden. Auch Kinder, die zusätzlich sehgeschädigt sind, kommen ins Cochlear Implant Centrum Wilhelm Hirte.
Am Samstag, 10. Juni 2023, wird das Jubiläum zum 33-jährigen Bestehen mit einem öffentlichen Sommerfest von 12:00 bis 17:00 Uhr auf dem Gelände des CIC gefeiert. An zahlreichen Ständen präsentieren z. B. CI-Hersteller, die Selbsthilfe und befreundete Einrichtungen ihre Arbeit und warten mit Aktionen wie zum Beispiel Therapietiere, interaktive Musiker, Murmelspiele, Slackline oder Glitzertattoos auf. Mitarbeitende des CIC stellen ihre Arbeit in Form von Hörmessungen für Jedermann, Hörtraining und Schnupperstunden in Psychomotorik und Musiktherapie vor. Auch für leibliches Wohl zum längeren Verweilen wird gesorgt.